Laufen ist (genau wie Führen) ein Einzelsport – nicht ;-)

Führung ist kein Einzelsport – wie Laufen auch

Ein kühler Sonntag im Oktober.
Ich stehe am Ufer des Baldeneysees, eingerahmt von neun Feuerwehrleuten in roten und blauen Trikots.
Alle durchtrainiert, fokussiert, motiviert.

Und ich?
Ich bin die, die sich jedes Mal fragt, ob sie überhaupt mitlaufen sollte – aus Angst, die Truppe zu blamieren.

Ich laufe seit sechs Jahren.
Habe nach vielen Jahren des überzeugten Nicht-Läufer-Daseins ziemlich spät damit angefangen.

Und obwohl ich den Resi Run organisiere (und deshalb viele glauben, ich müsse ja superfit sein), fühle ich mich neben den anderen oft einfach nur … lahm.
Mit meiner 6:30er-Pace bin ich in dieser Runde definitiv die Langsamste.

Aber ich laufe. Trotzdem. Und immer wieder.

Zweifel im Gepäck

Beim Westenergie-Marathon starteten zwei aus unserer Gruppe auf die große 18-km-Seerunde, der Rest lief den Marathon in zwei Staffeln – mit Etappen zwischen acht und zwölf Kilometern.

Ich wusste, dass ich meine acht Kilometer schaffen würde – körperlich.
Aber innerlich war da wieder dieses leise Ziehen:
Was, wenn ich zu langsam bin? Was, wenn die anderen auf mich warten müssen? Wenn ich die Staffelübergabe vergeige?

Ich dachte lange, Laufen sei ein Einzelsport.
Du machst dein Ding, kämpfst dich durch, trainierst, verbesserst dich – allein.
Und wenn du nicht mithalten kannst, musst du eben härter werden. Oder leiser heulen .

Doch an diesem Tag bekam dieser Gedanke Risse.

Der Moment, der alles verändert

Schon nach wenigen Kilometern sah ich, wie einer der Schnellsten stehen blieb.
Dann ging. Dann wieder anlief.
Ein anderer schüttelte den Kopf, weil die Beine nicht mehr wollten.

Und plötzlich wurde mir klar: Jeder kämpft mal.
Auch die Schnellen. Auch die Superfitten.

Nicht nur ich laufe mit Zweifeln.
Wir alle tun es – nur in unterschiedlichem Tempo.

In diesem Moment fiel eine große Schwere von mir ab.
Ich musste mich nicht schämen, dass ich langsamer war.
Ich durfte einfach da sein – mit meiner eigenen Pace.

Warum kein Mensch wirklich allein läuft

Laufen wirkt wie ein Einzelsport – genau wie Führung.
Auf der Strecke bist du mit dir allein.
Du entscheidest, wann du losläufst, wann du bremst, wann du durchbeißt.

Aber: Niemand läuft im Vakuum.

Du läufst, weil jemand dich motiviert hat.
Du trainierst, weil andere dich mitziehen.
Du finishst, weil jemand am Ziel klatscht, schreit, dich anlächelt.

Klar, beim Laufen geht es auf dem Papier um Platzierungen, Zeiten, Vergleiche.
Aber das ist nur die Oberfläche.
Darunter läuft etwas anderes: Gemeinschaft, Resonanz, Spiegelung.
Denn du lernst dich selbst am besten kennen, wenn du dich mit anderen misst – nicht, um besser zu sein, sondern um dich zu verstehen.

Genauso ist es in der Führung.
Du triffst Entscheidungen allein – aber du wächst durch den Austausch.
Du bist verantwortlich – aber du bleibst menschlich, wenn du dich spiegeln lässt.
Ohne Sparring, ohne ehrliches Feedback, fehlt die Orientierung.

Wachsen im eigenen Rhythmus

Ich arbeite immer wieder daran, mich weniger zu vergleichen (fällt mir gar nicht leicht!).
Stattdessen setze ich den Fokus darauf, mich mehr zu verbinden.

Führung ist kein Wettkampf – auch wenn es sich manchmal so anfühlt.
Es geht nicht darum, wer die Nase vorn hat, sondern darum, wie du dein eigenes Tempo hältst, wenn die Strecke länger wird, als du dachtest.
Darum, wie du Pausen zulässt, wenn du sie brauchst.
Und wie du trotzdem weitermachst – weil du weißt, dass Bewegung immer noch besser ist als Stillstand.

Meine innere Spinne sagt dazu:
„Langsam ist auch Bewegung. Hauptsache, du bleibst dran.“

Deine Führungs-Pace

Vielleicht geht’s dir ähnlich:
Du führst, entscheidest, läufst – meistens allein.
Und fragst dich, ob dein Tempo reicht.

Dann stell dir diese Frage:
Wann hast du zuletzt mit jemandem über deine Führungs-Pace gesprochen – ohne Maske, ohne Bewertung?

Denn:
Allein bist du vielleicht schneller.
Gemeinsam kommst du weiter.
Weil du wächst.

Fazit

Laufen ist kein Einzelsport – genauso wenig wie Führung.
Beide leben vom Miteinander, vom Vergleich, von der Reibung.
Ohne andere verlieren wir den Maßstab.
Mit ihnen gewinnen wir Tiefe, Richtung, und manchmal auch uns selbst.

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